Buxus

Dagmar Weiß
17. – 24. September 2021

Soft Opening: Freitag, 17. September, 19 Uhr

Öffnungszeiten:
Sa 18. September, 18 – 1 Uhr im Rahmen der Bielefelder Nachtansichten So 19. September, 14 – 17 Uhr
Donnerstag, 23. und Freitag, 24. September, 16 – 19 Uhr

Dagmar Weiß, die im Frühjahr 2020 Gastkünstlerin von Artists Unlimited war, zeigt nun ihre 2019 entstandene Arbeit „Buxus“ in unserer Galerie.

Holger Jenss schreibt im Katalog zum 36. Kasseler Dokumentarfilm und Video Fest darüber:

Der Buchsbaum hat eine lange Geschichte in der Gartenkultur Europas. Bereits die Römer rahmten ihre Beete mit Buchsbaumhecken ein und brachten das formbare Gewächs auch in die von ihnen eroberten Gebiete. „Buxus” reimt sich auf Luxus, was auf die Verbreitung des Baumes in den Gärten von Versailles wie auch in deutschen Vorstädten zu passen scheint. „Buxus” reimt sich auch auf den Namen einer bekannten Kunstrichtung und man könnte sagen, die kontrollierte Gestaltung der Pflanzen ist längst zur eigenen Kunstform geworden.

Als Dagmar Weiß für ein Aufenthaltsstipendium ins Münsterland kommt, hat sie eigentlich nicht vor, ein filmisches Projekt zu realisieren. Doch der Ort, der von Neubauten aus den 90er Jahren, Carports, Steingärten und, nun ja, Buchsbäumen, geprägt ist, bewirkt bei ihr ein Gefühl der Beklemmung, des beobachtet-seins. Die neue Umgebung scheint Verhalten und Bewegungen zu beeinflussen. Das gibt ihr den Impuls, etwas damit anzustellen. Die Arbeit wird für sie auch Form der Kontaktaufnahme.

Vier Fotografien von leeren Vorgärten und fünf Videos von Choreografien sind daraufhin entstanden. Waren es zuletzt vermehrt professionelle Schauspieler/innen, die in den Filmen von Dagmar Weiß auftraten, war schnell klar, dass für „Buxus” nur Menschen aus dem Ort selbst als Performer/innen in Frage kommen. Ausgehend von der Form der Gärten, die sie zur Bühne umfunktionierte, erarbeitete die Künstlerin Choreografien und suchte anschließend nach Personen, um diese auszuführen. Die Performer/innen ordnen sich einer Gestaltung unter, sie laufen Wege ab und führen Bewegungen aus, die durch die strenge Architektur der Gärten vorgegeben sind. Sie verschwinden hinter Bäumen, kreisen ihre Köpfe, schwingen die Arme wellenartig durch die Luft.

Die Mitarbeit der Ortsbewohner/innen kann als Element der Selbstironie gelesen werden, vor allem aber nehmen sie eine der kritischen Reflexion fähige, souveräne Position ein. Als Darsteller ihrer selbst – mit all der natürlichen Widerständigkeit von Laiendarstellern gegenüber der Regie – nehmen sie Teil an einer Art Hinterfragung und Reflexion ihres Lebensumfeldes.
Dagmar Weiß fragt nach Zweck und Wirkungsweise von Ordnung: Welche ästhetischen, welche sozialen Standards existieren? Wer stellt sie auf und wer ordnet sich ihnen unter? Fragen, die man auch Bildern stellen kann, sagt sie, denn als Fotografin und Filmemacherin nutzt auch sie eine geordnete Ästhetik. Ordnung übt eben auch Macht aus und wird zum Mittel ästhetischer wie sozialer Kontrolle. Wo ist sie Voraussetzung für die Entfaltung von Zusammenleben, von Kommunikation oder künstlerischer Arbeit und wo wirkt sie einengend oder gar lebensfeindlich?

Dagmar Weiß studierte von 1999 bis 2005 an der FH Bielefeld Foto- und Film-Design bevor sie sich im Sommer 2006 entschloss nach Finnland zu gehen. Zeitweise finanziert durch ein Jahresstipendium zur künstlerischen Weiterbildung für Graduierte des DAAD studierte sie in Helsinki an der Aalto University of Art and Design und machte 2010 ihren MA bei Eija-Liisa Ahtila. Nach einem Projektstipendium des Arts Council of Finland zog sie Ende 2010 nach Berlin, wo sie seitdem als freie Künstlerin arbeitet.
2015 war sie Stipendiatin des Goldrausch Künstlerinnenprojekt art IT, Berlin.
In den vergangenen Jahren verbrachte sie Stipendienaufenthalte unter anderem im Nordic Artists’ Center Dale in Norwegen, dem Künstlerhaus Lauenburg, Künstlerdorf Schöppingen oder Artists Unlimited Bielefeld.
Ihre komplexen Videoinstallationen mit simultanen, verschiedenformatigen Projektionen werden international ausgestellt; u.a. im Kunstquartier Bethanien (Berlin), Marta Herford und Helsinki Art Museum Meilahti. Ihre neuesten Videoinstallationen „Personal Training“ und „Buxus“ wurden u.a. bei der Videokunstausstellung Monitoring des Kasseler Dokumentarfilm und Videofests sowie bei Jeune Création 69è édition in Romainville/Paris gezeigt.

Artists Unlimited Galerie
August-Schroeder-Str. 1
33602 Bielefeld