Der lange Sommer der Theorie

Geschichte einer Revolte 1960 – 1990
Philipp Felsch
Lesung/Diskussion
Mi 15. Juli, 20 Uhr

Lesung mit Philipp Felsch
Moderation: Oliver Flügel-Martinsen

Theorie – von dem Wort ging seit den sechziger Jahren ein magisches Leuchten aus. Theorie war ein Glaubensartikel, eine Wahrheitsmaschine und ein Lebensstil. Doch woher kam die Faszination für die gefährlichen Gedanken? Philipp Felsch folgt in seinem Buch den Hoffnungen und Irrwegen einer Generation, die sich in den Dschungel der schwierigen Texte begab. Für drei Jahrzehnte gehörte der Theorie­band als Vademekum in jede Manteltasche. Es war die Zeit der apokalyptischen Meisterdenker, der glamourösen Unver­ständlichkeit und der umstürzenden Lektüreerlebnisse. In einer Welt, die im Kalten Krieg erstarrte, ging nur von großen Ideen Bewegung aus. Je schwieriger die Texte, desto intensiver die Lektüre, je abstrakter die Argumente, desto relevanter für die Wirklichkeit. Heute, wo die intel­lektuellen Energien von ’68 in schwach glimmende Substanzen zerfallen sind und viele der einstigen Akteure ihre Memoiren geschrieben haben, ist es Zeit zurück­zublicken: Was war Theorie? In West-Berlin versorgte der Merve Verlag die Leser von den Kadern der Studentenbewegung über Spontis und Punks bis zu den Avantgarden des Kunstbetriebs mit ihrer Ration von wildem Denken. Philipp Felsch schreibt die Geschichte einer geistigen Revolte, indem er den Abenteuern der Büchermacher
und ihres Umfelds folgt. Vor allem aber vertraut er sich der Geschichte ihrer Leser an, um eine Epoche wiederauferstehen
zu lassen, in der das Denken noch geholfen hat.

Philipp Felsch ist Juniorprofessor für Geschichte der Humanwissenschaften.
Er hat in Freiburg, Köln, Bologna und Berlin Geschichte und Philosophie studiert und wurde 2006 mit einer wissenschaftshis­torischen Arbeit über „Laborlandschaften. Physiologische Alpenreisen im 19. Jahrhundert“ an der Universität Zürich promoviert. Von 2002-2005 war er Stipen­diat am Max-Planck-Institut für Wissen­schaftsgeschichte in Berlin. Von 2005-2006 Stipendiat am Internationalen Forschungs­zentrum Kulturwissenschaften in Wien.
Von 2006-2007 war er Kurator der Ausstellung „Berge, eine unverständliche Leidenschaft“ in der Hofburg Innsbruck. 2006-2011 wiss. Mitarbeiter an der Professur für Wissenschaftsforschung der ETH Zürich und Stipendiat des Schweizer­ischen Nationalfonds.

Oliver Flügel-Martinsen ist Professor für Politische Theorie und Ideengeschichte an der Universität Bielefeld.

Veranstaltung in Kooperation mit dem //re_vision medienkollektiv, der AG Freie Bildung und der Antifa AG der Uni Bielefeld